Grundkurs 2

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Materialien
Weltethos
Naturrecht

Menschenrechte

Wie haben sich die Menschenrechte entwickelt?

Die Idee der Menschenrechte hat ihre Wurzeln in der griechischen Philosophie der Antike und in der Religion: Alle Menschen sind vor Gott gleich. Ihre Entwicklung lässt sich in drei Schritte einteilen, die im folgenden Text näher erörtert werden:

Schritt 1

Die philosophischen Wurzeln (universaler Anspruch)

Schritt 2

Die politische Umsetzung im Rahmen der Nationalstaaten

Schritt 3

Die politische Umsetzung mit universalem Anspruch im Rahmen der Vereinten Nationen

Eine wichtige Rolle in der Entwicklung der Menschenrechte hat die Naturrechtsphilosophie gespielt. Ihr ist das Vertiefungsthema Naturrecht gewidmet.

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Weitere Materialien und Vertiefungsthemen zum historischen Teil:

Einen Überblick über die Entwicklung der Menschenrechte gewährt Schaubild 1.
Die Geschichte der Menschenrechte anhand der wichtigsten Dokumente veranschaulicht Schaubild 2.

Chronologie

Eine Auflistung der wichtigsten Daten zur Geschichte der Menschenrechte findet sich in der Chronologie.

Auszüge aus den wichtigsten Texten der Menschenrechtsentwicklung stehen auf den Dokumentenseiten als Material bereit: Die „Virginia Bill of Rights" (1776), die Amerikanische Unabhängigkeitserklärung (1776), die „Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte" im Zuge der Französischen Revolution (1789) und natürlich die „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte" durch die Vereinten Nationen (1948).

Die Diskussion um die Universalität der Menschenrechte, denen vorgeworfen wird, sie seien eurozentriert, hat zu einer Weltethos-Bewegung geführt. Diese Thematik wird im Rahmen eines Vertiefungsthemas behandelt.

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Schritt 1: Die philosophischen Wurzeln

Bereits in der antiken griechischen Philosophie, also vor mehr als 2000 Jahren entwickelte sich die Idee der Gleichheit aller Menschen, die Idee eines natürlichen Rechts, das jedem Menschen zukommt. Im frühen Christentum und in den anderen Religionen erfuhr diese Naturrechtstradition eine Weiterentwicklung: Alle Menschen sind gleichermaßen von Gott geschaffen und ihm ebenbildlich. Diese beiden Stränge bilden die Wurzel der Idee der Menschenrechte. Allerdings hatten sie noch nicht viel mit der politischen Realität zu tun. Es handelte sich um philosophische Betrachtungen, die zwar einen universalen Anspruch erhoben, deren schrittweise Übertragung in die Welt der Politik und des Rechts aber erst mit Beginn der Neuzeit einsetzte.

John Locke

Zentrale Bedeutung hierfür kommt der neuzeitlichen Naturrechtsphilosophie, vor allem dem englischen Philosophen John Locke zu. Sein Werk bedeutete den entscheidenden geistigen Durchbruch zur Idee unveräußerlicher Menschenrechte:

„The State of Nature has a Law of Nature to govern it, which obliges everyone: And Reason, which is that Law, teaches all Mankind, who will but consult it, that being all equal and independent, no one ought to harm another in his Life, Health, Liberty and Possessions."

[siehe auch Vertiefungsthema Naturrecht und die Ausführungen zu John Locke im Rahmen des Themenkomplexes Demokratie]

Für John Locke bilden Leben, Freiheit und Eigentum unwandelbar angeborene Rechte des Menschen. Der Zweck eines jeden Staates ist es, diese natürlichen Menschenrechte zu schützen. Er verpflichtet also in seiner politischen Philosophie den Staat auf die Menschenrechte und vollzieht damit einen entscheidenden Schritt von der abstrakten Idee der Menschenrechte zu ihrer konkreten Umsetzung im Staat. Diese Gedanken wurden von den Verfassungsgebern in England und den Vereinigten Staaten von Amerika aufgenommen und fanden Eingang in deren Verfassungen.

Schritt 2: Die politische Umsetzung im Rahmen der Nationalstaaten

England spielte eine Vorreiterrolle bei dieser Entwicklung. Bereits 1215 wurden dem König in der „Magna Charta Libertatum" gewisse Rechte abgetrotzt, die „Petition of Rights" von 1628 stellte die Unantastbarkeit des Bürgers sicher und die „Habeas-Corpus-Akte" 1679 bildete den entscheidenden Durchbruch zur Verankerung der Idee der Menschenrechte im konkreten staatlichen Recht. In ihr wurde der Bürger vor grundloser Verhaftung geschützt: Ein Verhafteter musste innerhalb von zwanzig Tagen einem Richter vorgeführt werden.

Diese Rechte galten auch in den englischen Kolonien, also beispielsweise auch in den Vereinigten Staaten von Amerika. Und dort wurde im Zuge des Unabhängigkeitskampfes unter direkter Berufung auf die Gedanken John Lockes zum ersten Mal in der Geschichte ein Menschenrechtskatalog formuliert, die „Virginia Bill of Rights" von 1776, die genauso wie die Amerikanische Unabhängigkeitserklärung aus demselben Jahr zu den wichtigsten Dokumenten der Geschichte der Menschenrechte zählt. Beide Dokumente stehen als Material bereit und es lohnt sich, einen Blick darauf zu werfen. Die „Virginia Bill of Rights" erhob die folgenden Rechte zu unveräußerlichen Menschenrechten, die seither den Kern der Menschenrechte bilden:

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Recht auf Leben, Freiheit und Eigentum

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Versammlungs- und Pressefreiheit

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Freizügigkeits- und Petitionsrecht

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Anspruch auf Rechtsschutz

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Wahlrecht

Von Frankreich aus nahm die verfassungsrechtliche Umsetzung der Idee der Menschenrechte in Kontinentaleuropa ihren stürmischen Ausgangspunkt. Die Französische Revolution von 1789 mit ihrer Parole „liberté, égalité, fraternité" entfaltete eine enorme Wirkung. Am 26. August 1789 wurde die „Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte" angenommen, die ebenfalls als Dokument auf den Materialseiten zu finden ist. In ihr findet sich der pathetische Versuch, die universelle Geltung der Menschenrechte zu betonen. Zunächst ging es aber darum, den Menschenrechten als Grundrechten in den jeweiligen nationalen Verfassungen Geltung zu verschaffen, was in fast allen europäischen Staaten im Lauf des 19. Jahrhunderts gelang. Die politische und rechtliche Umsetzung der philosophischen Idee der Menschenrechte war bis Mitte unseres Jahrhunderts weitgehend gelungen.

Nun stellte sich aber folgendes Problem: Die Menschenrechte beanspruchen universelle Gültigkeit, ihre verbindliche Verankerung als Grundrechte war aber auf den engen Rahmen der Nationalstaaten begrenzt. Diesen Widerspruch galt es, in einem dritten Schritt in Angriff zu nehmen, und zwar mit dem Versuch der universalen politischen und rechtlichen Umsetzung der Menschenrechte.

Schritt 3: Die universale politische Umsetzung (Vereinte Nationen)

Vor allem die schrecklichen Verbrechen im Zweiten Weltkrieg haben die Menschen veranlasst, sich darüber Gedanken zu machen, wie man den Menschenrechten weltweit Geltung verschaffen könnte. Was vorgefallen war, sollte sich nie mehr wiederholen. Alle Menschen auf der Welt sollten Grundrechte und Grundfreiheiten besitzen. Das war eine der wichtigsten Triebkräfte zur Gründung der Vereinten Nationen. Durch den Zusammenschluss aller Staaten sollten die Menschenrechte nicht mehr nur die Angelegenheit eines einzelnen Staates sein, sondern zur Angelegenheit der internationalen Staatengemeinschaft werden. Festgehalten wurde dies in einem Vertrag zwischen den Ländern, der sogenannten Charta der Vereinten Nationen, die am 26.Juni 1945 angenommen wurde.

In ihr heißt es, dass alle Mitgliedstaaten sich verpflichten, gemeinsam und jeder für sich mit der Organisation zusammenzuarbeiten, um die Ziele der Organisation zu erreichen (Artikel 56), und zu diesen Zielen zählt die Durchsetzung der Menschenrechte. Durch diesen Artikel ist jedes Mitglied der Vereinten Nationen, und das sind heute so gut wie alle Länder der Erde, verpflichtet, die Menschenrechte zu achten. Damit auch klar ist, was denn nun genau Menschenrechte sind, hat sie eine "Allgemeine Erklärung der Menschenrechte" verfasst, die am 10. Dezember 1948 angenommen wurde. Sie stellt eine Aufzählung der Menschenrechte dar, die sich in mehrere Gruppen von Rechten aufteilen lassen, die wir in Grundkurs 3 näher betrachten werden.

Die „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte" steht ungekürzt als Dokument auf den Materialseiten zur Verfügung. Sie markiert den Beginn des Bemühens um universale politische und rechtliche Durchsetzung der Menschenrechte. Sie will den Widerspruch zwischen universalem Anspruch und nationaler Geltung der Menschenechte aufheben. Dass das noch ein langer Weg ist, sehen wir in Grundkurs 4, wenn wir uns damit beschäftigen, wer die Menschenrechte überwacht, und in Grundkurs 5, wenn wir uns Beispiele für Menschenrechtsverletzungen ansehen. Im Vertiefungsthema Weltethos geht es um den Versuch, im Dialog der Religionen und Kulturen gemeinsame Werte aller Menschen - ein Weltethos - festzulegen, um die Zweifel an der Universalität der in Europa entstandenen und christlich geprägten - so die Kritiker - Menschenrechte auszuräumen.

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