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Parteien

USA

Das Parteiensystem der USA weist viele Besonderheiten auf. Neben der ungewöhnlich losen inneren Struktur der Parteien (siehe Text "Merkmale") und der Kontinuität des Zweiparteiensystems wird in diesem Zusammenhang auch regelmäßig auf die spezifische Rolle hingewiesen, die Parteien im politischen System der USA spielen. Die Gründe hierfür liegen in der Geschichte der US-amerikanischen Demokratie im allgemeinen (siehe Abschnitt "Hintergrund") und der Entwicklung der Parteien seit dem 18. Jahrhundert im besonderen (siehe Text "Entwicklung"). Der folgende Text versucht, diese Besonderheiten vergleichend herauszuarbeiten.

Funktionen der Parteien im politischen System der USA

Die Dominanz der elektoralen Funktion

Parteien erfüllen nach herrschender Lehre in den politischen Systemen westlicher Demokratien vor allem vier wesentliche Funktionen:

Ausführliche Informationen zu den Funktionen von Parteien im politischen System bietet der Grundkurs 3 im Rahmen dieses Themenkomplexes.

a) Die Zielfindungsfunktion: Parteien haben Ideologien und Programme. Sie versuchen sich an der Entwicklung richtungsweisender Strategien und klären die Bürger über alternative Handlungsmöglichkeiten auf.

b) Die Funktion der Artikulation und Aggregation gesellschaftlicher Interessen: Sie präsentieren (»artikulieren«, ähnlich wie Interessengruppen) Interessen, bündeln (»aggregieren«) sie jedoch im Unterschied zu interest groups in einer Form, die sie unmittelbaren Einfluss auf die Willensbildung der zentralen Herrschaftsorgane gewinnen lässt.

c) Die Funktion der Mobilisierung und Sozialisation der Bürger: Sie wollen zu politischer Aktivität und Partizipation anhalten und Leitbilder langfristiger politischer Einstellungen schaffen (müssen diese Aufgabe aber zunehmend mit den stetig an Einfluss gewinnenden Medien teilen).

d) Die Elitenrekrutierungs- und Regierungsbildungsfunktion: Sie stellen politisches Führungs-, Regierungs- und Verwaltungspotential zur Verfügung, mehr noch: sie monopolisieren heute die Personalauslese für fast alle öffentlichen Ämter .

Vergleicht man vor dem Hintergrund dieses idealtypischen Funktionenkatalogs das politisch-soziale Rollenverständnis amerikanischer und westeuropäischer Parteien, fallen erneut, in historischer wie aktuell-politischer Perspektive, wesentliche Unterschiede ins Auge.

Theodore J. Lowi hat mit den Attributen constituent und responsible die Differenzen auf den Begriff gebrachtl. Die »konstitutive« Partei wirkt vorrangig auf Struktur, Zusammensetzung und Funktionsweise des politischen Systems ein, während sich die »responsive« Partei der Wählerschaft durch eine Programmatik verpflichtet fühlt, die ihr politisches Handeln leitet und die sie kohärente (im Parteiensystem alternative) Problemlösungsmuster entwickeln lässt mit der Verpflichtung, ihnen zu gesetzlicher Kraft zu verhelfen, wenn sie über Wahlen die legislative Mehrheit erlangt. Nach Lowi sind die US-Parteien im Verlauf der amerikanischen Geschichte nie primär als program innovators aufgetreten, haben also die Zielfindungsfunktion vernachlässigt. Vielmehr präsentierten sie sich als Instrumente der Herrschaftsorganisation, der Rekrutierung politischen Führungspersonals, der Organisation von Wahlen und des Zusammenfügens disparater Interessen zu Aktionseinheiten, erfüll(t)en sie vorrangig Wahl- und Kandidatenrekrutierungsfunktionen für öffentliche Ämter (auf allen Ebenen des politischen Systems mit abnehmender Tendenz von unten nach oben).

(...) Nicht zuletzt haben amerikanische Parteien immer vor der Aufgabe gestanden, Effizienz und Legitimität des politischen Systems zu gewährleisten, d. h. den Glauben der Gesellschaft an Leistungsfähigkeit und optimale Sinnhaftigkeit der Herrschaftsinstitutionen zu erhalten. Im strikt institutionengetrennten, auf Machtblockade mehr denn auf Wirksamkeit getrimmten Herrschaftsgefüge der USA kam der »Regierungsbildungsfunktion« in einem sehr weit gefassten Sinn nach Meinung amerikanischer Sozialwissenschaftler (Edward C. Banfield et al.) großes Gewicht zu: Parteien wirkten als Transmissionsriemen, stifteten Verbindungen zwischen den personell und institutionell voneinander separierten Organen der Exekutive und Legislative, zwischen Präsidentschaft und Kongress, und trugen damit dazu bei, deadlocks, Blockaden im politischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozeß wenn auch nicht ganz zu verhindern, so doch im wesentlichen zu bewältigen.

[aus: Hartmut Wasser: Politische Parteien in den USA; in: W.P. Adams u.a. (Hg.), Länderbericht USA I, Bonn BpB 1990]

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