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Tipps

Menschenrechte

Menschenrechte als Thema in der Schule

Der folgende Text widmet sich grundlegenden Fragen der Menschenrechtserziehung. Wie kann dieses Thema in der Schule vermittelt werden? Welchen Problemen und Herausforderungen muss sich die Lehrerin bzw. der Lehrer stellen? Folgende Aspekte werden angesprochen:

Praktischer Teil für LehrerInnen

Einzelne ganz konkrete Unterrichtsideen, Vorschläge für Aktivitäten in der Schule, Tipps und Anregungen zum Umgang mit dem Thema Menschenrechte in der Schule finden Sie auf der Seite Tipps.

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Das Grundproblem der Menschenrechtserziehung

Eine zentrale Schwierigkeit beim Umgang mit dem Thema Menschenrechte in der Schule bildet der Widerspruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Der folgende Text verdeutlicht das Problem:

Anspruch und Wirklichkeit

„Die Generalversammlung der Vereinten Nationen bezeichnete die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte 1948 als ein ‚von allen Völkern und Nationen zu erreichendes gemeinsames Ideal‘ (Präambel), das in der Zukunft (der Nachkriegsgeschichte) Gültigkeit erlangen sollte. Ganz offensichtlich, so müssen wir heute sagen, ist die Welt diesem Ideal in den Jahren nach 1948 nicht sehr nahe gekommen: Die Kluft zwischen Arm und Reich wächst; das Recht auf Bildung ist weltweit nicht eingelöst; um die Gleichberechtigung der Frau wird weiter gekämpft; Arbeitslosigkeit und Armut nehmen auch in den Wohlstandsgesellschaften zu; täglich sterben Menschen an Hunger und Krankheit, unter ihnen sind Tausende von Kindern; das Recht auf Asyl steht in Frage. Dies alles findet nicht irgendwo statt, sondern in dieser ‚Einen Welt‘, vor der eigenen Tür, auch im eigenen Land. Wir sind nicht Zuschauer, sondern – direkt oder indirekt – Beteiligte. Mit anderen Worten: Das Ideal, das die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte gesetzt hat, ist eines geblieben; die Wirklichkeit sieht anders aus.
(...) Nun wird diese Wirklichkeit – direkt oder mediatisiert – auch von den Kindern und Jugendlichen wahrgenommen. Welchen Sinn macht es dann, sie mit einem moralischen oder ethischen ‚Ideal‘ zu befassen, an dem sich die Wirklichkeit offensichtlich nicht zwingend orientiert? (...) Wie können Schülerinnen und Schüler lernen, zwischen Ideal und Wirklichkeit zu unterscheiden, die Menschenrechte als Orientierung des eigenen und fremden Handelns zu begreifen und die Wirklichkeit (in Zukunft) menschenwürdiger zu gestalten?"

[entnommen aus: „50 Jahre Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, 2. Weltweiter Projekttag der Solidarität", Aktionsmappe ´98, Projektbüro Minden]

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Grundfragen der Menschenrechtserziehung

Konkret lassen sich die vielfältigen Probleme der „Menschenrechtserziehung" auf drei Grundfragen reduzieren, denen wir uns in diesem Abschnitt des Bildungsservers D@dalos zuwenden werden:

1.

Was sind die Ziele von Menschenrechtserziehung?

2.

Welche thematischen Zugänge bieten sich an? Wie kann man einen Bezug zur Wirklichkeit der Lernenden herstellen?

3.

Welche Methoden erleichtern den Zugang zum abstrakten und schwierigen Thema Menschenrechte?

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Ziele der Menschenrechtserziehung

In Artikel 29 der Konvention über die Rechte des Kindes werden Erziehungsziele thematisiert:

„Die Erziehung des Kindes sollte darauf ausgerichtet sein, (...) Achtung vor den Menschenrechten und Grundfreiheiten (...) sowie vor anderen Kulturen zu vermitteln. Die Erziehung des Kindes sollte auch darauf ausgerichtet sein, das Kind auf ein verantwortungsbewusstes Leben in einer freien Gesellschaft im Geist der Verständigung, des Friedens, der Toleranz, der Gleichberechtigung der Geschlechter und der Freundschaft zwischen allen Völkern (...) vorzubereiten. Und sie sollte auch darauf ausgerichtet sein, dem Kind Achtung vor der natürlichen Umwelt zu vermitteln."

Auch die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte enthält in Artikel 26 einschlägige Passagen:

„Die Ausbildung soll die volle Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit und die Stärkung der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten zum Ziele haben. Sie soll Verständnis, Duldsamkeit und Freundschaft zwischen allen Nationen und allen rassischen oder religiösen Gruppen fördern und die Tätigkeit der Vereinten Nationen zur Aufrechterhaltung des Friedens begünstigen."

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Menschenrechtserziehung soll Kenntnisse und Einsichten vermitteln über:

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„die Bedeutung der Grund- und Menschenrechte, sowohl für die Rechte der einzelnen als auch für die objektiven Gestaltungsprinzipien des Gemeinwesens;

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die wechselseitige Abhängigkeit von persönlichen Freiheitsrechten, sozialen Grundrechten und persönlichen Teilhaberechten;

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die unterschiedliche Auffassung und Gewährleistung der Menschenrechte in verschiedenen politischen Systemen und Kulturen;

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den historischen Prozess der Entwicklung und Durchsetzung der Menschenrechte;

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die mögliche Verquickung der Auseinandersetzung um die Menschenrechte mit den Legitimationsinteressen von Herrschenden;

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die grundlegende Bedeutung der Menschenrechte für das Entstehen des modernen Verfassungsstaates;

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die Notwendigkeit der Berücksichtigung eines individuellen Menschenrechtsschutzes im Völkerrecht;

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die Bedeutung der Menschenrechte für Entspannung und Frieden in der Welt;

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die Bedeutung der Menschenrechte für einen Interessenausgleich in den Nord-Süd-Beziehungen;

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die Bedeutung internationaler Zusammenarbeit für die Verwirklichung der Menschenrechte und die Sicherung des Friedens;

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die tatsächlichen Umstände, das Ausmaß und die sozialen, ökonomischen und politischen Gründe der weltweit festzustellenden Menschenrechtsverletzungen;

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die Möglichkeiten der Staaten und internationalen Organisationen, aber auch des einzelnen Menschen, die Geltung der Menschenrechte zu sichern und wiederherzustellen und ihre Verletzung zu mindern."

[Runderlass des Ministeriums für Schule und Weiterbildung NRW vom 14.02.1997; entnommen aus: „50 Jahre Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, 2. Weltweiter Projekttag der Solidarität", Aktionsmappe ´98, Projektbüro Minden]

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Darüber hinaus dient Menschenrechtserziehung – wie politische Bildung überhaupt – dazu, die Urteils- und Kritikfähigkeit der Lernenden zu fördern. Sie soll „die Bereitschaft wecken und stärken, für die Verwirklichung der Menschenrechte einzutreten und sich ihrer Missachtung und Verletzung zu widersetzen. Eingeschlossen ist damit die Bereitschaft, für die Rechte anderer einzutreten. Sie sollen bereit sein, die Frage nach der Verwirklichung der Menschenrechte als wichtigen Maßstab zur Beurteilung der politischen Verhältnisse im eigenen Land wie in anderen Ländern zu nutzen. (...) Eine so verstandene Menschenrechtserziehung trifft sich notwendig mit einer Erziehung zu sozialer Verantwortung und Toleranz, einer Erziehung gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. Menschenrechtserziehung muss verbunden sein mit der Aufgabe, die Schülerinnen und Schüler zu befähigen, andere in ihrem Anderssein zu tolerieren."

[Runderlass des Ministeriums für Schule und Weiterbildung NRW vom 14.02.1997; entnommen aus: „50 Jahre Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, 2. Weltweiter Projekttag der Solidarität", Aktionsmappe ´98, Projektbüro Minden]

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Zugänge zum Thema Menschenrechte

Im Kontext des 2. Weltweiten Projekttags der Solidarität (UNESCO ASP-Schulprojekt) wurden vier didaktische Kategorien formuliert, die den Zugang zum Thema Menschenrechte erleichtern sollen:

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Wahrnehmen: SchülerInnen und LehrerInnen schauen ihr Dorf oder ihre Stadt aus der Perspektive der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte an: Wie steht es mit dem Recht auf Bildung? Wie groß ist die Jugendarbeitslosigkeit regional, national und international? Haben alle Menschen ein schützendes Dach über dem Kopf?...

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Verstehen: Im (fächerübergreifenden) Unterricht wird nach den Ursachen von Menschenrechtsverletzungen und nach gesellschaftlichen und weltweiten Lösungsversuchen gefragt. Sind Armut und Krankheit die Schuld des Einzelnen oder haben sie strukturelle Ursachen? (...) Was lernen wir aus der Geschichte der Menschenrechte? Wie arbeiten Menschenrechtsverteidiger und Menschenrechtsorganisationen und welche gibt es? Sind die Rechte auf Gleichberechtigung, auf freie Religionsausübung oder auf freie Meinungsäußerung auch für das alltägliche Zusammenleben (in Schule und Familie) bedeutsam?

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Handeln: Durch Musik, Tanz, Theater und Malerei lernen Schülerinnen und Schüler, an der Vitalität und Kreativität unterschiedlicher Kulturen teilzuhaben und ihren eigenen Gedanken und Empfindungen zur Menschenrechtsfrage Ausdruck zu geben. Menschenrechtsunterricht trägt dazu bei, dass die Schulen selbst Schulen der gelebten Menschenrechte und Demokratie werden. (...) Im handlungsorientierten Unterricht werden MenschenrechtsverteidigerInnen und Selbsthilfegruppen unterstützt, die notleidenden Menschen beistehen, z.B. Kriegswaisen, Straßenkindern, unterdrückten Frauen, Arbeitslosen, Flüchtlingen, Analphabeten, vergessenen älteren Menschen. Es werden Projekte gefördert, die sich für eine gerechte und nachhaltige Entwicklung in der ganzen Welt engagieren. (...) Projektunterricht ermöglicht den Schülerinnen und Schülern die praktische Erprobung ihrer Kenntnisse im politischen Alltag. Öffnung von Schule und die Zusammenarbeit mit Menschenrechtsorganisationen können z.B. bedeuten, dass wir zur Teilnahme an einer Briefaktion zugunsten politischer Gefangener aufgerufen werden, oder es werden Spenden gesammelt durch Basare, Benefizkonzerte und Sponsorenläufe.

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Kraft schöpfen: In allen Ländern gibt es Selbsthilfegruppen und Demokratiebewegungen, die nicht resignieren, sondern sich für die Einhaltung der Menschenrechte engagieren: Keimzellen einer weltweiten ‚Kultur des Friedens‘. Was lernen wir aus den Biographien von Persönlichkeiten, die ihr Leben lang für Menschenrechte eingetreten sind, z.B. Mahatma Gandhi, Martin Luther King (...)? Welche Vorbilder finden wir in unserer Stadt und in unserer Region?"

[entnommen aus: „50 Jahre Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, 2. Weltweiter Projekttag der Solidarität", Aktionsmappe ´98, Projektbüro Minden]

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Von zentraler Bedeutung ist es, die Menschenrechte im Unterricht erfahrbar zu machen, zu verdeutlichen, dass es sich nicht um eine abstrakte politische Idee handelt, die mit uns höchstens indirekt zu tun hat, sondern um eine hochbrisante und aktuelle Problematik, die jeden betrifft, und um einen Appell, für ihre Einhaltung zu einzustehen. Die folgenden Punkte sind Vorschläge zur Umsetzung dieses Anspruchs der Menschenrechtserziehung. Der Unterricht sollte:

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Beziehungen zur eigenen Lebens- und Erfahrungswelt finden;

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Verbindungen zu persönlichen Werthierarchien herstellen;

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Begegnungen mit anderen Menschen nutzen;

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Bezüge zur eigenen Region herstellen;

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Bezüge zur aktuellen politischen Situation und Geschichte entdecken;

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die Berichterstattung in den Medien befragen.

[entnommen aus: „50 Jahre Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, 2. Weltweiter Projekttag der Solidarität", Aktionsmappe ´98, Projektbüro Minden]

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Methoden der Annäherung an das Thema Menschenrechte

Entlang der oben eingeführten Kategorien wollen wir exemplarisch einige Methoden aufzählen, die den Zugang zum Thema Menschenrechte erleichtern können:

Wahrnehmen: „In diesen Bereich gehören Verfahren der Beobachtung, Beschreibung und der Recherche: In Büchern nachlesen, Zeitzeugen befragen, Fotoreportagen durchführen, Archive aufsuchen, Interviews führen, Gespräche inszenieren, Beobachtungen miteinander konfrontieren, Filmdokumentationen ansehen oder herstellen, Erinnerungen aufarbeiten", eigene Erfahrungen thematisieren, persönlich erlebte Geschichten zum Thema erzählen etc.

Verstehen: „In diesen Bereich gehören Methoden des Analysierens und Systematisierens, des Herstellens von Beziehungen zwischen verschiedenen Informationen, des Sammelns von Daten, des Interpretierens und Diskutierens. In diesem Zusammenhang können Podiumsdiskussionen hilfreich sein, Gruppendiskussionen, Referate von Sachverständigen und das Studium einschlägiger Literatur" (zum Beispiel Assoziationen zu einzelnen Artikeln der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte in einem Brainstorming sammeln).

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Handeln: „Zu diesem Bereich gehören Methoden des Vorbereitens auf Handlungen, des Erprobens und Simulierens von Handlungen, des in die Öffentlichkeit-Gehens und des ernsthaften Eingreifens. Wir zählen dazu Methoden des Rollenspiels (Rollen tauschen, Rollen verkehren) und des Planspiels, Lernmethoden, die außerschulische Wirklichkeit einbeziehen (‚Öffnung der Schule‘, Exkursion, Feste, Informationsveranstaltung), öffentliche Darstellungen von den Ergebnissen eigener Arbeit (Vorführungen, Ausstellungen, Konzerte, Basare), Spendensammlungen, Solidaritätsaktionen und die Versuche, als Jugendliche und Kinder selbst einzugreifen, also z.B. ‚Kinder- und Jugendpolitik‘ zu gestalten."

Kraft schöpfen: „Zu diesem Bereich gehören Methoden des feed back (‚Was haben wir erreicht?‘), der Selbstvergewisserung sowie der Kommunikation, Interaktion und Kooperation mit anderen Menschen, Schulen und Initiativen in der eigenen Region, im eigenen Land oder auch in anderen Nationen: Briefe schreiben und Wanderausstellungen in Bewegung setzen, einen Staffellauf organisieren, die Stärken anderer honorieren und unterstützen, sich mit bereits arbeitenden Initiativen zusammentun, mit den benachbarten Schulen oder den ausländischen Partnerschulen eine gemeinsame Aktion planen."

[alle vier Abschnitte entnommen aus: „50 Jahre Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, 2. Weltweiter Projekttag der Solidarität", Aktionsmappe ´98, Projektbüro Minden]

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Ideen und Anregungen

Konkrete Anregungen und Ideen für Ihren Unterricht finden Sie auf der Seite Tipps.

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