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Menschenrechte

Frauenrechte

Die Stellung der Frau in UN-Menschenrechtsdokumenten

Die umstrittene Stellung von Frauenrechten innerhalb der Menschenrechte spiegelt sich auch in der Entwicklung von internationalen Vereinbarungen und Dokumenten wider, mittels derer Frauenrechte festgelegt und Frauenrechtsverletzungen weltweit durch die Vereinten Nationen (UN) geahndet werden können. Der Text gliedert sich in folgende Abschnitte:

bulletErklärung der Gleichberechtigung und Gebot der Nichtdiskriminierung der Frau (1945-1979)
bulletDie praktische Umsetzung von Frauenrechten (ab 1975): 
- Das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau 
- Die Weltmenschenrechtskonferenz in Wien 1993 
- UN-Erklärung über die Beseitigung der Gewalt gegen Frauen von 1993 
- Vierte Weltfrauenkonferenz der Vereinten Nationen: "Handeln für Gleichberechtigung, Entwicklung und Frieden"
bulletSanktionsmöglichkeiten für Frauenrechtsverletzungen auf internationaler Ebene

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Erklärung der Gleichberechtigung und Gebot der Nichtdiskriminierung der Frau (1945-1979)

Schon bei Gründung der UN wurde das Prinzip der Gleichberechtigung der Geschlechter anerkannt (Präambel und Artikel 1.3 der UN-Charta: Staatengemeinschaft verpflichtet sich zur Gleichberechtigung von Mann und Frau). In der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 wurde der Grundsatz der Nichtdiskriminierung u.a. aufgrund des Geschlechts festgelegt.

Die Realität für Frauen weltweit sah allerdings anders aus. Diese Tatsache fand in den Menschenrechtsinstitutionen der UN kaum Beachtung. Frauenrechte wurden innerhalb der UN-Gremien durch gesonderte Ausschüsse bearbeitet ("Frauenkommission"), deren Vorschläge unzureichend umgesetzt wurden; vorhandene UN-Verträge veränderten die tatsächliche Lage der Frauen nicht. Geschlechtsspezifische Menschenrechtsverletzungen wurden nicht explizit behandelt. Die generelle Vernachlässigung von Frauenanliegen im UN-Apparat veranlasste die Frauenkommission 1972 dazu, eine Empfehlung an die UN-Generalversammlung zu richten: Das Jahr 1975 sollte zum Internationalen Jahr der Frau ausgerufen und die Aktivitäten auf dem Gebiet der Frauenrechte verstärkt werden.

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Die praktische Umsetzung von Frauenrechten (ab 1975)

Das Internationale Jahr der Frau 1975, die darauffolgende Dekade der Frau von 1976 bis 1985 und die drei UN-Weltfrauenkonferenzen, die während der Dekade jeweils unter dem Motto "Gleichberechtigung, Entwicklung und Frieden" abgehalten wurden, markieren einen Wendepunkt. Es kam zu verstärkten Aktivitäten für Frauen innerhalb der UN.

Das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau

Diese im Dezember 1979 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedete Konvention war ein wichtiger Schritt zur Anerkennung von Frauenrechten als Menschenrechte. Es fasste einerseits die zum damaligen Zeitpunkt bereits existierenden Schutzbestimmungen und Nichtdiskriminierungsklauseln zusammen. Außerdem erweiterte es die Verantwortlichkeit der Vertragsstaaten für Rechtsverletzungen auf nicht-staatliche Akteure.

Dies stellt einen großen Fortschritt dar, da Diskriminierungen und Rechtsverletzungen an Frauen meist nicht von staatlicher Seite erfolgen, sondern sich in der "Privatsphäre" abspielen. Wichtig ist das konkrete Aktionsprogramm, das die Vertragsstaaten zur Durchführung von Maßnahmen verpflichtet, die nicht nur die rechtliche (de jure), sondern auch die tatsächliche (de facto) Gleichberechtigung von Frau und Mann herbeiführen sollen.

Die Schwäche des Abkommens besteht in der Umsetzung und Kontrolle der vertraglich vereinbarten Verpflichtungen. Es ist der am meisten mit Vorbehalten belastete Vertrag, viele der 165 Vertragsparteien akzeptieren nicht alle Verpflichtungen. Die Staaten sind verpflichtet, jährlich einen Bericht über die Lage der Frauenrechte in ihrem Land an den Sachverständigenausschuss zu senden. Durch strukturelle Probleme ist die Bearbeitungszeit lang, zudem kommen viele Staaten ihrer Berichtspflicht nicht nach. Andere Überprüfungs- oder Sanktionsmaßnahmen waren zunächst nicht vorgesehen. Der Frauenkonventionsausschuss verfügt nur über geringe finanzielle Mittel im Vergleich mit anderen UN-Menschenrechtsorganen. Ferner ist der Ausschuss formal nicht ermächtigt, Informationen von Nichtregierungsorganisationen zu nutzen.

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Die Weltmenschenrechtskonferenz in Wien 1993

Die Sichtweise der Staatengemeinschaft war zunächst, dass sich die Lebensbedingungen von Frauen anders als die "harten" Menschenrechte nicht für Überprüfungsmechanismen eignen. Aufgrund der tiefen Verwurzelung der weiblichen Lebenssituation in kulturellen und sozialen Traditionen sollten die weiblichen Lebensbedingungen weitgehend über langfristige soziale und wirtschaftliche Maßnahmen verändert werden. Gewalt gegen Frauen wurde in der Frauenkonvention nicht explizit verurteilt.

Als Ergebnis der mehrjährigen Kampagne "Frauenrechte sind Menschenrechte" erreichte die internationale Frauenrechtsbewegung, dass das Thema Gewalt gegen Frauen auf der zweiten UN-Weltmenschenrechtskonferenz von den Regierungen diskutiert wurde. So enthält die Wiener Abschlusserklärung erstmals in der Geschichte der Vereinten Nationen die ausdrückliche Verurteilung der Gewalt gegen Frauen als Menschenrechtsverletzung. Hier wurde ausdrücklich festgehalten, dass "Menschenrechte von Frauen und Mädchen ein unveräußerlicher, integraler und unteilbarer Bestandteil der universellen Menschenrechte" sind. Im Anschluss an diese Konferenz verabschiedeten die Vereinten Nationen im Dezember 1993 eine "Erklärung zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen". Nach der Wiener Erklärung und dem Wiener Aktionsprogramm sind Frauenrechte unveräußerlicher und untrennbarer Bestandteil der universellen Menschenrechte, die nicht unter Verweis auf kulturelle und traditionelle Gewohnheiten relativiert werden dürfen.

[Den Text der Wiener Erklärung finden Sie im Dokumententeil des Themenkomplexes Menschenrechte: Zum Text der Wiener Erklärung]

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UN-Erklärung über die Beseitigung der Gewalt gegen Frauen von 1993

Im Dezember 1993 präzisierte die UN-Generalversammlung die Formulierungen des Wiener Abschlussdokuments durch eine eigene "Erklärung über die Beseitigung der Gewalt gegen Frauen" und nannte dazu folgende Formen der Gewalt gegen Frauen im öffentlichen und privaten Bereich, die Menschenrechtsverletzungen darstellen:

bulletKörperliche, sexuelle und psychologische Gewalt in der Familie, einschließlich körperlicher Misshandlungen und des sexuellen Missbrauchs von Mädchen im Haushalt,
bulletGewalttätigkeit im Zusammenhang mit der Mitgift,
bulletVergewaltigung in der Ehe,
bulletGenitalverstümmelung und andere für Frauen schädliche traditionelle Praktiken,
bulletGewalt außerhalb der Ehe und Gewalttätigkeit im Zusammenhang mit Ausbeutung,
bulletkörperliche, sexuelle und psychologische Gewalt im Umfeld der Gemeinschaft, einschließlich Vergewaltigung, sexueller Missbrauch, sexuelle Belästigung und Einschüchterung am Arbeitsplatz, in Bildungseinrichtungen und andernorts,
bulletFrauenhandel und Zwangsprostitution,
bulletstaatliche oder staatlich geduldete körperliche, sexuelle und psychologische Gewalt, gleich wo sie vorkommt.

Im März 1994 richtete der Menschenrechtsausschuss das Amt einer ständigen Sonderberichterstatterin über Gewalt gegen Frauen ein, deren Mandat die gesamte Erklärung über die Beseitigung der Gewalt gegen Frauen umfasst.

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Vierte Weltfrauenkonferenz der Vereinten Nationen: "Handeln für Gleichberechtigung, Entwicklung und Frieden"

Im September 1995 fand mit der 4. Weltfrauenkonferenz, an der insgesamt ca. 47.000 Delegierte teilnahmen, die bisher größte Konferenz in der UN-Geschichte statt. In der verabschiedeten "Erklärung über die Beseitigung der Gewalt gegen Frauen" wurden Frauenrechte als integraler Bestandteil der Menschenrechte festgeschrieben. Allerdings begann erneut eine heftige Diskussion über die kulturell unterschiedlichen Definitionen von Frauenrechten in den Gesellschaften weltweit. Dass der 150 Seiten umfassende Forderungskatalog, die "Aktionsplattform", von 189 Staaten unterschrieben wurde, ist vor allem auch der Präsenz vieler tausend Mitglieder von Nichtregierungsorganisationen zu verdanken. Folgende Verpflichtungen wurden durch die Ratifizierung eingegangen:

bulletDie Gleichstellung der Geschlechter in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zu fördern,
bulletdie Rechte der Frauen zu schützen,
bulletdie Armut von Frauen, besonders in den Entwicklungsländern, zu bekämpfen,
bulletGewalt gegen Frauen in jeder Form als Menschenrechtsverletzung zu ahnden,
bulletgeschlechtsspezifische Unterschiede im Bildungs- und Gesundheitswesen abzubauen.

Die Aktionsplattform stellt eine gute Grundlage dar, auf die sich Einzelpersonen und Frauenorganisationen gegenüber ihrer Regierung berufen können. Allerdings gibt es keine Sanktionsmöglichkeiten bei Nichterfüllung dieser Verpflichtungen.

Informationen im Internet
(englisch): http://www.igc.org
/beijing/un/un.html

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Sanktionsmöglichkeiten für Frauenrechtsverletzungen auf internationaler Ebene

1) Das Fakultativprotokoll zum "Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau"

Trotz Einwände und Grundsatzdebatten wurde nach dem Vorbild vergleichbarer Texte vier Jahre nach Beijing ein Fakultativprotokoll zur "Frauenkonvention" vorgelegt, das eine Beschwerde von Einzelpersonen an den Ausschuss erlaubt, wenn sie in den vom Abkommen genannten Gebieten diskriminiert wurden. Die Voraussetzungen für eine Beschwerde sind jedoch hoch angesetzt:

bulletDer Staat, dessen Staatsangehörigkeit die Klägerin besitzt, muss sowohl das Abkommen als auch das Fakultativprotoll ratifiziert haben. Bisher haben knapp fünfzig Staaten das Protokoll unterschrieben, die Ratifizierung läuft noch.
bulletAlle innerstaatlichen Rechtswege müssen ausgeschöpft sein. Dies ist auch der Fall, wenn keine nationale Beschwerdemöglichkeit für die betroffene Frau existiert, z.B. wenn ihr ein nationales Gericht nur dann offen steht, wenn sie die Einwilligung eines männlichen Verwandten besitzt, oder wenn die nationalen Gerichte traditionelle oder "Gewohnheitsrechte" über andere Rechtsverbindlichkeiten stellen.

Wenn ein Individuum oder eine Gruppe die Verletzung von Rechten aus dem Abkommen durch einen Vertragsstaat beanstandet, kann der Frauenrechtsausschuss vom Vertragsstaat vorläufige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte der Betroffenen verlangen. Außerdem kann der Ausschuss, wenn er Hinweise auf "schwerwiegende oder systematische Verletzungen der im Übereinkommen niedergelegten Rechte" bekommt, eine Untersuchung durch seine Mitglieder einleiten.

2) Der Internationale Gerichtshof der Vereinten Nationen

Im sogenannten "Foca-Fall" wurden erstmals in der Geschichte Einzelpersonen wegen sexueller Gewalt in Zusammenhang mit Kriegshandlungen angeklagt und verurteilt. Sexuelle Gewalt wurde hier als schwerer Verstoß gegen die Genfer Konventionen von 1949 (als "Folter" und "Sklaverei") geahndet, für die der Internationale Gerichtshof zur Ahndung der Kriegsverbrechen auf dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawien sachlich zuständig ist.

[Autorin: Dorette Wesemann; Redaktion: Ragnar Müller]

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