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Der Hintergrund für Gandhis Wirken (I): Geschichte Indiens Indien kann vor der Staatsgründung 1947 eigentlich nicht als einheitlicher Staat betrachtet werden. Vorher handelte es sich eher um eine Kultur. Das Gebiet in Form einer Halbinsel, auch Subkontinent genannt, war lange Zeit von anderen Völkern abgeschlossen. Das lag daran, dass im Norden riesige Gebirgszüge, der bekannteste ist der Himalaja, im Süden das Arabische Meer und der Golf von Bengalen die natürlichen Grenzen des Gebietes bilden. Erst als arabische Seefahrer und Kaufleute das heutige Indien ungefähr 1000 n.Chr. entdeckten, ergaben sich tiefgreifende Veränderungen. Mit den arabischen Neuankömmlingen breitete sich der Islam im Gebiet des heutigen Indien aus. Es kam zu einer dauerhaften islamischen Besetzung des Landes. Sultanate wurden gegründet, die Herrschaft gefestigt und es bildeten sich die großen Mogulreiche heraus, die bis ins 18. Jahrhundert überdauerten. Danach entstand ein loser Staatenbund. Unter muslimischer Herrschaft war es den Hindus möglich gewesen, ihre Religion aufrecht zu erhalten. Gegen Ende der Herrschaft war nur ungefähr ein Fünftel der Bevölkerung muslimischen Glaubens. Doch bereits seit 1498 - als Vasco da Gama den Seeweg nach Indien entdeckte - hielten die christlichen Europäer Einzug in Indien. Zuerst hatten die Portugiesen die Vormachststellung. Im 17. Jahrhundert gründeten britische "Ostindische Handelskompanien" viele Niederlassungen in den Hafenstädten Indiens, so z.B. in Madras, Kalkutta und Bombay. Zunehmend versuchten sie, das ganze Land unter ihre Kontrolle zu bringen und begannen von diesen Stützpunkten aus eine militärische Eroberung. Da die Briten dieses große Land (ca. 3,3 Mio. km2) mit der riesigen Bevölkerung (ca. 200 Mio.) nicht einfach unter eine britische Zentralregierung stellen konnten, ließen sie die Fürstentümer so bestehen, wie sie sie vorfanden. Die Herrscher dieser Fürstentümer unterstanden jedoch britischer Herrschaft. In Indien besaßen britische Generalgouverneure, die der Krone bzw. der britischen Regierung unterstellt waren, das Sagen. Das bestehende feudale System der Grundherrschaft und das Kastensystem ließen die Briten ebenfalls unangetastet, da beides die Inder in Gruppen spaltete und sie daran hinderte, sich gegen die Briten zu vereinen und Widerstand zu leisten. 1858 regte sich dennoch Widerstand, der nierdergeschlagen wurde. Im gleichen Jahr setzten die Briten den letzten Mogul ab, und der britische Generalgouverneur war von nun an Vizekönig. Die Inder reagierten 1885 mit der Gründung des Indischen Nationalkongresses, der die Unabhängigkeit Indiens anstrebte - lange bevor Gandhi seinen Kampf in Indien begann. Diese Versammlung wurde von den Briten toleriert, da sie nicht mit einer Stimme sprach, weil Muslime und Hindus sich nicht einigen konnten. Später wurde der Nationalkongress zur führenden Partei Indiens, die fast ununterbrochen an der Regierung war.
Indien ist somit ein tief gespaltenes Land, in dem sich die großen Religionen vermischt haben, wie in kaum einem anderen Land der Erde. Religiöse, soziale und geographische Aspekte, die sich aus der Geschichte Indiens ergeben, spielen heute wie damals eine große Rolle. Noch heute kommt es immer wieder zu Unruhen aufgrund der Heterogenität der Bevölkerung. Das Land besteht aus vielen verschiedenen Bundesstaaten, es gibt über tausend Kasten, über hundert verschiedene Sprachen und verschiedene Glaubensrichtungen. Neben Hindus, Muslimen, Christen und Sikh gibt es diverse andere Religionen und Sekten in Indien. Das Kastensystem, das selbst Gandhi nicht abschaffen konnte, teilt die Bevölkerung - basierend auf dem Hinduismus - in vier Klassen ein: Brahmanen/Priester, Kshatrigas/Krieger, Vaishiy/Bauern und Shudras/Knechte. Je nach Bundestaat unterschiedlich werden diese Klassen in über 1000 Kasten unterteilt. Ohne Kastenzugehörigkeit sind die Paria/Unberührbaren, die durch diese Ordnung aus der Gesellschaft ausgegrenzt werden. Niedere Kasten und Kastenlose werden noch immer nicht voll von ihren Mitmenschen akzeptiert und leben zumeist in großer Armut. Indien ist eines der ärmsten Länder der Welt. Die Spannungen zwischen Arm und Reich und zwischen den Kasten führen immer wieder zu Unruhen. Auch die Konflikte zwischen den Religionen bestehen weiterhin. Zum einen gibt es Konflikte innerhalb des Landes zwischen den Religionen (z.B. im Staat Punjab, in dem die Mehrheit der Bevölkerung den Sikhs angehört), zum anderen stehen sich das moslemische Pakistan und das vornehmlich hinduistische Indien feindlich gegenüber und liefern sich seit Jahren ein atomares Wettrüsten. Besonders umstritten ist dabei die Region Kashmir.
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