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Guatemala |
Die Geschichte Guatemalas von der
Kolonialisierung und der Ausrottung der Maya-Hochkultur durch die Spanier bis
zum blutigen Bürgerkrieg, der bis heute anhält, bildet den Hintergrund für
das Leben und Wirken Rigoberta Menchú Tums. Der folgende Text wurde der
Webseite der Protestantischen Kirchengemeinde Mutterstadt entnommen. Er gliedert
sich in folgende Abschnitte:
Weitere Texte:
Guatemala
heute
Guatemala war
einst genauso wie Peru ein reiches, fruchtbares und zivilisiertes Land,
das Land der Mayas. Die Mayas waren Meister in Astronomie und
Mathematik. Ihr Kalender war damals (im 16. Jh.) weitaus genauer als der
in Europa bekannte gregorianische. Die Mayas konnten die Bahnen der
Himmelskörper vorausberechnen und wussten, wann die günstigsten Zeiten
für Saat und Ernte waren. Auch die Mayas hatten, wie die Inkas, eine
gut funktionierende Landwirtschaft, sie kannten keinen Hunger, bis die
Spanier kamen, und auf ihrer Suche nach Gold die Mayas von ihrem Land
vertrieben und zu Sklaven machten. Heute ist die wirtschaftliche Lage
ebenso erbärmlich wie in Peru.
Die
Lebenserwartung der Bevölkerung liegt bei 41 Jahren, jedes fünfte Kind
erlebt nicht seinen 4. Geburtstag, jedes zehnte nicht seinen 1.
Geburtstag und nur jedes 3. Kind erlebt seinen 15. Geburtstag. Heute
herrschen die Nachfahren der Spanier, die ca. 2,1% der Bevölkerung
ausmachen aber 70% des kultivierbaren Bodens besitzen und die Führung
des Militärs stellen. 70% der Bevölkerung sind auch heute noch Indios.
Sie leben in den Nordprovinzen an der Grenze zu Mexiko. Bis heute werden
die Indios immer wieder von ihrem Land vertreiben. Die Indios besitzen
keine Urkunden, die sie als Besitzer ihres Landes ausgibt. Für die
Indianer ist das Land die Mutter Erde, die alles Menschen reichlich zu
essen gibt. Und in diesem Land sind auch die Ahnen begraben, weshalb
für die Indianer Vertreibung nicht nur eine wirtschaftliche Katastrophe
ist...
Versuche der
Indios, ihr Recht auf Land friedlich einzufordern, wurden mehrfach mit
brutalen Massakern beantwortet. Die Stärke der Armee wurde von
1973-1988 vervierfacht, durch Zwangsrekrutierung der jungen Indios, die
gezwungen werden, ihre eigenen, als "fehlgeleitete
Kommunisten" beschimpfte Leute brutal zu verfolgen und zu
vernichten. Um einen kleinen Eindruck zu bekommen, was Vertreibung und
Aufstandsbekämpfung konkret bedeuten, versuche ich eine kurze
Zusammenfassung der Erfahrungen zu geben, die Rigoberta Menchú bewogen
haben, trotz alledem zu kämpfen:
Felipe starb
auf der Finca, als sie vom Flugzeug aus die Kaffeeplantage besprühten,
während die Leute noch bei der Arbeit waren. Er hat das
Pflanzenschutzmittel nicht vertragen. Nicolas starb zweijährig an
Unterernährung, ebenfalls auf der Finca. Irgend jemand schenkte
Rigobertas Mutter einen Pappkoffer, in dem sie das Kind begrub. Dadurch
verlor sie einen Tag bei der Arbeit, da warf der Aufseher sie raus.
Damals war Rigoberta gerade 8 Jahre alt. 18 Jahre später verschleppten
Soldaten Petrocinio, den jüngsten Bruder, der Katechet und
Dorfsekretär war, 16jährig, folterten ihn tagelang, schnitten ihm
Körperteile ab, zogen ihm Kopfhaut und Fußsohlen ab, übergossen ihn
schließlich mit Benzin und ließen ihm bei lebendigem Leib, vor den
Augen der Angehörigen, verbrennen. Der Vater ist 1979 bei der Besetzung
der spanischen Botschaft verbrannt. Die Mutter wurde 1980 verschleppt,
mehrfach vergewaltigt, verstümmelt und schließlich zu Tode gequält...
Es gibt 22
verschiedene Sprachen der Ureinwohner. Das macht die Leistung, dass die
Indios es 1978 geschafft haben, eine gemeinsame Organisation, das Comite
de Unidad Campesina (CUC), zu organisieren, umso erstaunlicher. Die
meisten Indios können kein Spanisch, die meisten haben nie eine Schule
gesehen.
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Counter Insurgency und die
"Politik der verbrannten Erde"
Seit der Unabhängigkeit zu Beginn des 19. Jh. gab es immer wieder
Aufstände. 1944 gelangte eine "revolutionäre Bewegung" an die
Regierung, was für die Großgrundbesitzer und für verschiedene
nordamerikanische Unternehmen (u.a. United Fruit Company) Alarm bedeutete.
Jedenfalls sahen diese Unternehmen ihre Interessen gefährdet und haben zusammen
mit dem CIA in Guatemala interveniert und 1954 eine Militärdiktatur mit dem
General Castillo Armas als Präsident eingesetzt. Seitdem regiert das Militär.
Der 1958 gewählte Präsident Ydogoras wird 1963 wieder von einer
Offizierstruppe gestürzt. Bis 1978 basierte die Aufstandsbekämpfung
überwiegend auf "selektiver Repression", d.h. Verschwindenlassen von
Einzelpersonen, vor allem von Führungskräften von Volksorganisationen,
Gewerkschaften usw.
Unter den Militärdiktaturen von Lucas Garcia (1978-1982) und Rios Montt
(1982-1983) wurde mit dem gemeinsam mit der CIA ausgearbeiteten Stufenplan der
Counter Insurgency der offene Krieg gegen die Zivilbevölkerung begonnen, die
als "Politik der verbrannten Erde" in die Geschichte einging. Die
Armee löste mit Massenerschießungen und -verbrennungen, mit grausamen
Folterungen der Menschen und der vollständigen Zerstörung und Niederbrennung
von 440 Indio-Dörfern eine Massenflucht innerhalb des Landes und ins
benachbarte Ausland (vor allem Mexiko) aus. Die Gräuel waren unvorstellbar:
schwangeren Frauen wurden der Bauch aufgeschlitzt, Kinderköpfe wurden an
Steinen zerschmettert ...
"Ergebnis" der militärischen Repression 1978-1986: 150 000
Ermordete, 46 000 Verschwundene, 300 000 Waisenkinder, Zahlen, die auch für
lateinamerikanische Verhältnisse, gelinde gesagt, sehr hoch sind. Zur Counter
Insurgency gehört auch die Errichtung von sog. "Modelldörfern", wo
die Indios in einem Art Sicherheitstrakt leben, umzäunt und vom Militär
kontrolliert und bewacht.
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Auf dem Weg zum Frieden
Aufgrund massiven nationalen und internationalen Drucks sah sich 1986 das
Militär gezwungen, einen "Übergang zur Demokratie" zu ermöglichen
und so gelangte erstmals seit 1963 wieder ein ziviler Präsident an die
Regierung, was aber kaum etwas änderte an der Politik und an den Aktivitäten
der wahren Machthaber. Bevor die Militärregierung abtrat, erließ sie eine
Amnestie für alle Menschenrechtsverletzungen, die unter ihrer Herrschaft
(1983-1986) erfolgen. Die folgenden Zivilregierungen haben es dabei bewenden
lassen, mit dem Ergebnis, dass bis heute nicht ein Fall zivilrechtlich verfolgt
wurde, was im Klartext weitere Ermordungen im Voraus sanktioniert, die Mörder
müssen nach wie vor mit keinerlei Strafen rechnen.
Trotz alledem haben die Indios, und zum Teil auch die armen Ladinos, sich
organisiert und haben sich unter viel Opfer den vom Ausland unterstützten
Großgrundbesitzern, dem multinationalen Kapital und dem hochgerüsteten
Militär entgegen gestellt. Seit 1993 gibt es verschiedene Abkommen und
Verträge zwischen der Regierung. Seitdem sind ca. 20.000 Flüchtlinge unter der
Begleitung von UNO oder verschiedenen Flüchtlingsorganisationen aus dem Exil
(meist Mexiko) zurückgekehrt. Die Rückkehrer erwartet bestenfalls eine frisch
gerodete Fläche im Urwald. Dazu kommt, dass die sogenannten
"Zivilpatrouillen", die über Jahre hinweg zwangsrekrutiert und
bewaffnet wurden, um die indianische Bevölkerung zu terrorisieren, weiterhin
aktiv sind.
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Guatemala...
...wird wegen
des milden Klimas als das "Land des ewigen Frühlings"
bezeichnet. Als drittgrößtes Land Zentralamerikas grenzt es an
Mexiko, Belize, Honduras und El Salvador.
Offizieller
Name: Republik Guatemala
Hauptstadt:
Guatemala
Fläche:
108.889 km2
Bevölkerung:
ca. 10 Millionen (davon sind über 50% Maya-Indianer)
Amtssprache:
Spanisch
Religion:
Römisch-katholisch
Analphabeten:
ca. 40% |
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The Maya were the most advanced urban
civilisation in the pre-Columbian Americas. They invented the
concept of "zero" centuries before it was
independently formulated in India, and measured the solar year
with an error of only 17.28 seconds. Having flourished for two
millennia in an area of 3,255,000 sq.km, they were first invaded
by Spain in 1527, but put up such fierce resistance that the
capital of their last kingdom to fall, Itza at Nojpeten, was not
captured until 1697. Had the Maya not been decimated by European
diseases such as chicken pox and measles, some historians
believe the Spanish conquest might have ended in total defeat.
According to Roderick Conway Morris, "One of the greatest
crimes perpetrated against the Maya was the destruction of their
thousands of books, spearheaded by the Franciscans, who - while
preaching harmony and brotherly love - presided over a
scorched-earth policy, backed up by the threat of the physical
extinction of any who dared to resist it. So complete was the
friars' success that only four books in Maya script survived."
More recently, the Guatemalan civil war
began when the CIA toppled the democratically-elected government
in 1954. The US-backed right-wing military juntas which followed
have had one of the worst records of political repression, human
rights abuses, and atrocities in recorded history. After
opposition groups began organising among Indians in the
countryside, the military responded with death squads and a
scorched-earth "counterinsurgency" strategy that
destroyed over four hundred ancient Mayan villages, displaced
one million people, and left a hundred thousand unarmed Indians
dead. Hundreds of mass graves across the country contain the
remains of massacred civilians.
[Global
Vision, www.global-vision.org/interview/menchu.html] |
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Report from Amnesty
International 1996 concerning Guatemala (Excerpts)
A Pattern of Systematic Human Rights
Violations
Amnesty International continues to document
a disturbing pattern of human rights violations in Guatemala.
Extrajudicial executions, disappearances, torture, death threats,
harassment and intimidation persist. The violations have been
directed at many sectors of society including: trade unions and
popular organizations, human rights defenders, journalists,
students, religious personnel, those attempting to investigate
past human rights violations, witnesses, former refugees and
displaced people returning to their lands and street children.
Of particular concern is the alarming level of threats and
attacks that have been reported against human rights defenders
during the year. Some have been the subject of verbal or written
death threats as a result of their work. Others have been
attacked and killed.
The perpetrators of these human rights
violations are mainly the police and military and army-created
civil patrols. In addition and citing the rise in urban crime,
the government reportedly promoted the creation of new civilian
self-defense squads to be armed and trained by the military.
Both these and other new vigilante-style groups, also apparently
working with official complicity, have allegedly engaged in
social cleansing, killing members of youth gangs and others
involved in petty crime. These new death squads have also been
implicated in human rights violations against those perceived as
being opponents of the government, reportedly disguising the
attacks as common crimes to escape official accountability.
There has been little progress in
clarifying the tens of thousands of past abuses. Those
responsible for human rights violations continue to benefit from
almost total impunity. In August, the United Nations (UN)
Subcommission on Prevention of Discrimination and Protection of
Minorities expressed deep concern at the impunity enjoyed by the
perpetrators of human rights violations and at the inability of
the judicial system to bring intellectual and material
perpetrators of such acts before the courts. The Subcommission,
reflecting reports and statements by MINUGUA, the United Nations
Mission in Guatemala and Mónica Pinto, the UN Special Expert,
found that the majority of the violations breached the rights to
life, integrity and personal security, and that state agents
were either directly implicated or had failed in their duties to
assure these rights to its citizens.
To date, none of those responsible for the
deaths of thousands of people during the late l970s and early
l980s at the height of the army's counter-insurgency campaign,
have been brought to justice. During 1995, independent forensic
groups undertook further exhumations at sites where large-scale
extrajudicial executions had been reported during this period.
Several hundred remains were uncovered, but Amnesty
International knew of no case where official bodies undertook
investigations to determine how the victims died nor who was
responsible. Instead, family members, witnesses and human rights
defenders involved in the exhumations were themselves threatened
and harassed. |
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Am 5. Oktober 1995 schossen 26 Soldaten in dem Dorf Xaman in Alta Verapaz auf
200 heimkehrende Flüchtlinge und töteten 11 Menschen und verletzten 30. Im Februar
1996 vertrieben Polizisten mehrere hundert Bauern in San Lucas Toliman im Bezirk
Solola, von denen 3 schwerverletzt wurden und 25 seither
"verschwunden" sind. Mit einer Bestrafung ist kaum zu rechnen, auch
wenn die Täter bekannt sind. Am 29. Dezember 1996 wurde von der Regierung
(Präsident Arzu) und dem Zusammenschluss der verschiedenen bewaffneten und
unbewaffneten Organisationen, der URNG (Unidad Revolutionaria Nacional
Guatemalteca) ein Friedensvertrag unterzeichnet. Mit Unterzeichnung dieses
Vertrags traten verschiedene Teilabkommen in Kraft, über
| die Wiederansiedlung der Flüchtlinge, |
| die Einrichtung einer
"Wahrheitskommission", |
| die Identität und Rechte der indigenen
Völker, |
| soziökonomische Aspekte und die Agrarfrage. |
Teil des Friedensvertrags ist auch, dass die
verschiedenen Guerillaorganisationen innerhalb der nächsten 2 Monate ihre
Waffen abgeben und sich zu einer legalen Partei, der "einheitlichen
revolutionären Partei" PRU zusammenschließen wollen. Erneuter
Wermutstropfen: am 18. Dez 96, also kurz vor Unterzeichnung des
Friedensvertrages, hat das guatemaltekische Parlament erneut eine Amnestie für
alle "im Zuge des Konflikts" begangene Verbrechen erlassen. Das Wort
Friedensprozess heißt in der Sprache der Mayas "Einigt euch, aber immer in
großer Freude", womit die Indianer ausdrücken, dass es um eine
Lebenseinstellung geht, nicht um ein Geschäft.
[entnommen aus: http://members.aol.com/PfrJung/guatema.htm,
Prot. Kirchengemeinde Mutterstadt]
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