Trauerrede

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Vorbilder

Rede von Rabins Enkelin Yitzhak Noa Ben-Artzi bei der Trauerfeier für Rabin

[6. November 1995]

Verzeiht, dass ich nicht über den Frieden sprechen möchte. Ich möchte über meinen Großvater sprechen. Man erwacht immer aus einem Alptraum. Doch gestern erwachte ich in einem Alptraum - dem Alptraum eines Lebens ohne dich, und das kann ich nicht verkraften. Das Fernsehen hört nicht auf, dein Bild auszustrahlen. Du bist so lebendig und greifbar, dass ich dich fast berühren kann, aber eben nur "fast", weil ich es ja nicht mehr kann.

Opa, du warst mein Feuer vor dem Lager, jetzt ist da nur das Lager ohne Feuer, allein in der Finsternis, und es ist so kalt und traurig für uns. Ich weiß, man spricht in großen Begriffen, man spricht von einer nationalen Tragödie. Doch versuch mal, ein ganzes Volk zu trösten oder es am privaten Schmerz teilnehmen zu lassen, wenn Oma nicht aufhört zu weinen, und wir stumm sind und das ungeheure Vakuum bemerken, das durch dein Fehlen entstanden ist!

Wenige kannten dich wirklich. Sie können eine Menge über dich sagen, aber ich fühle, dass sie nichts wissen über die Tiefe des Schmerzes, das Schreckliche und, ja, diesen Holocaust für -- zumindest für uns, die Familie und die Freunde, die zurückgeblieben sind im Lager, ohne dich, unser Lagerfeuer.

Opa, du warst und bist immer noch unser Held. Ich möchte, dass du es weißt: Bei allem, was ich getan habe, habe ich dich immer vor Augen gehabt. Deine Achtung und Liebe haben uns bei jedem Schritt und auf jedem Weg begleitet, und wir haben im Licht deiner Werte gelebt. Du hast uns niemals im Stich gelassen, aber jetzt müssen wir dich allein lassen - dich, meinen ewigen Helden. Und ich kann nichts tun, um dich zu retten, dich, der du so wundervoll bist.

Größere als ich haben schon ehrende Worte für dich gefunden. Aber keiner von ihnen hat diese Zärtlichkeit von dir bekommen, diese weichen, warmen Hände und die herzlichen Umarmungen gefühlt, die nur für uns waren. Und dein angedeutetes Lächeln, das mir immer so viel gesagt hat, dieses Lächeln, das es nun nicht mehr gibt, das mit dir erfroren ist.

Ich habe kein Gefühl der Rache, weil der Schmerz und der Verlust in mir so groß sind, zu groß. Der Boden unter unseren Füßen ist fortgezogen. Jetzt versuchen wir, in diesem leeren, verlassenen Raum zu sitzen, irgendwie, ohne den geringsten Erfolg. Ich bin unfähig, mich loszureißen, aber es scheint, dass eine fremde Hand, ein schrecklicher Mensch, mir das Losreißen bereits abgenommen hat.

Ich habe keine Wahl, ich verabschiede mich von dir, einem Helden, und ich bitte, dass du in Frieden ruhst, und dass du an uns denkst und uns vermisst, weil wir hier unten dich so lieben. Die Engel im Himmel, die dich jetzt begleiten, bitte ich, gut auf dich aufzupassen und dich gut zu beschützen, weil du einen solchen Schutz verdienst. Wir werden dich lieben, Opa. Immer.

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