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Gewaltlose politische Gefangene - Männer und Frauen, die ausschließlich wegen ihrer politischen
Überzeugung, Hautfarbe, Herkunft, Sprache, ihres Glaubens oder ihres Geschlechts
inhaftiert worden sind - hat ai in 78 Staaten dokumentiert. |
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Unfaire Gerichtsverfahren musste ai in 35 Staaten als Grund oft langjähriger Haftstrafen
feststellen. |
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Haft ohne Anklage
und Verfahren und Freiheitsentzug in Arbeitslagern waren Realität für Hunderttausende
Menschen in 66 Staaten. |
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Politische Morde
durch Militär, Polizei und Paramilitärs fanden in 47 Staaten statt. |
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Das "Verschwindenlassen" von Menschen nach ihrer Festnahme musste ai in 37 Staaten
registrieren. |
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Folter und Misshandlungen hat ai in 125 Staaten festgestellt. Als Folge davon war Tod in der Haft
eine Realität in mindestens 51 Staaten. |
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Die Todesstrafe wurde in 37 Staaten an 1625 Menschen vollstreckt, über tausend davon in
China. In 78 Ländern wurden 3899 Todesurteile verhängt. Dennoch ist eine positive
Tendenz erkennbar: 105 Staaten haben die Todesstrafe abgeschafft oder seit 10 Jahren
niemanden mehr hingerichtet. Das ist die bisher höchste Zahl in der Geschichte der
Menschheit. |
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Geiselnahme, Folter und politische Morde durch bewaffnete politische Gruppen waren in 37 Staaten fürchterliche
Wirklichkeit. |
Johannes Metzler, in: die tageszeitung vom 17.06.99
Nur kleine Schritte
Amnesty International präsentiert den Jahresbericht. China, Iran, Kongo und
die USA wegen Todesstrafe scharf kritisiert
"Nur unter dem weltweiten Druck der Öffentlichkeit bin ich freigekommen",
meint Ngarléjy Yorongar le Moiban. Der Oppositionspolitiker aus dem Tschad war 1997 wegen
seiner Kritik an der Staatsführung verhaftet worden und bekam wegen
"Verleumdung" drei Jahre Gefängnis. Eine Eilaktion der
Menschenrechtsorganisation amnesty international (ai) bescherte dem Staatspräsidenten
stapelweise Protestbriefe und führte Anfang des Jahres schließlich zur Freilassung.
Etwa 700 solcher Aktionen mit rund 80.000 TeilnehmerInnen haben im vergangenen Jahr
stattgefunden, und in über einem Drittel der Fälle führte das Engagement zum Erfolg.
Diese Bilanz zog die Organisation gestern bei der Vorstellung ihres Jahresberichtes in
Bonn. Es sei zwar kein "entscheidender Durchbruch" in Sachen Menschenrechte
erzielt worden, wohl aber gäbe es "eine Reihe von Schritten in die richtige
Richtung", meinte Barbara Erbe, Pressesprecherin der deutschen ai-Sektion. In fast 80
Ländern wanderten Menschen dennoch für ihre Meinung ins Gefängnis, während in rund 50
Staaten willkürliche Hinrichtungen stattfanden. In 37 Staaten, so der Bericht weiter,
"verschwanden" Andersdenkende kurzerhand. Folter, Misshandlungen und
Vergewaltigungen gehören nach wie vor vielerorts zum Alltag. Besonders kritisch beurteilt
ai die Lage in Teilen Afrikas und Asiens sowie im Kosovo.
Erbe wies darauf hin, dass sich insgesamt die Art der Menschenrechtsverletzungen
verändere. Sie fänden nicht mehr vorwiegend hinter Gefängnismauern statt, sondern
häufig in aller Öffentlichkeit.
Der Schwerpunkt des Berichts liegt auf dem Thema Todesstrafe. Im vergangenen Jahr zählte
die Organisation 1.625 Vollstreckungen, die meisten davon in China. Schwere Vorwürfe
richtet ai jedoch auch gegen die Demokratische Republik Kongo, Iran und die USA:
Zusammengenommen seien sie für zwei Drittel aller weltweit vollstreckten Todesurteile
verantwortlich. Für das Jahr 2000 fordert die Organisation einen weltweiten Aufschub
aller Hinrichtungen. Schon jetzt seien diejenigen Staaten, die die Todesstrafe nicht mehr
anwendeten, in der Mehrzahl.
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Peter Nonnenmacher, in: Stuttgarter Zeitung vom 17.06.99
Menschenrechte mit Füßen getreten
Trotz einiger "historischer Fortschritte" im Kampf gegen
Menschenrechtsverletzungen gingen die meisten Täter immer noch frei aus, erklärte
gestern in London die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) anlässlich
der Veröffentlichung ihres Jahrbuchs für 1998.
In fast allen Staaten und Territorien der Erde - 142 insgesamt - registrierte Amnesty
besorgniserregende Menschenrechtsverletzungen durch Regierungen oder bewaffnete
Oppositionsgruppen. An oberster Stelle der aktuellen Menschenrechtskatastrophen rangiert
natürlich Kosovo, wo sich die Entwicklung in den letzten Monaten überschlagen hat (der
AI-Jahresbericht bezieht auch das erste Halbjahr 1999 ein). Amnesty beklagt die gewaltsame
Vertreibung von Hunderttausenden von Kosovo-Albanern, die "von Morden,
Vergewaltigungen, Folterungen, willkürlichen Festnahmen und dem Niederbrennen der Häuser
begleitet" war.
Weltweit stellt Amnesty gewisse Fortschritte bei der Verteidigung von Menschenrechten
fest, die wachsendem Druck auf die entsprechenden Regierungen zu verdanken seien. Zu
diesen Fortschritten zählt AI die Vereinbarung vom Juli 1998 zur Schaffung eines
permanenten Internationalen Strafgerichtshofes und die Festnahme des früheren
chilenischen Diktators Augusto Pinochet durch die britische Regierung im Oktober vorigen
Jahres.
Auch Sambias und Südafrikas Beitritt zur Anti-Folter-Konvention, Chinas Unterschrift
unter die internationale Bürgerrechtscharta, die Entlassung politischer Häftlinge in
Südkorea, Vietnam, Indonesien, Osttimor, Syrien, Marokko und Kuwait sowie die Abschaffung
oder Einschränkung der Todesstrafe durch ein halbes Dutzend Staaten wird im
AI-Jahresbericht gewürdigt. Trotz dieser Fortschritte beklagt Amnesty die anhaltende
Missachtung elementarer Rechte in vielen Ländern. Zu den schlimmsten Beispielen zählen
die Region der Großen Seen in Afrika, Angola, Afghanistan, Algerien und Kolumbien, mit
jeweils Tausenden von Opfern der Gewalt unter der Zivilbevölkerung.
Auch mit den Zuständen in Europa ist Amnesty International nicht durchweg glücklich. Aus
Deutschland, Frankreich und der Schweiz berichtet AI über Misshandlungen von Mitgliedern
ethnischer Minderheiten oder von Asylbewerbern. (...)
Mit einem neuen Vorstoß sucht Amnesty International weltweit gegen die Todesstrafe
vorzugehen. "Das vorsätzliche Töten wehrloser Menschen sollte von keiner
Gesellschaft gerechtfertigt werden", sagte dazu AI-Generalsekretär Pierre Sane. Den
USA insbesondere wirft Amnesty vor, mit ihrem Festhalten an Exekutionen
Menschenrechtsforderungen massiv zu ignorieren und darüber hinaus die Todesstrafe
"in willkürlicher, ungerechter und rassistischer Weise" anzuwenden. Seit 1990
seien außerdem in den USA zehn Menschen hingerichtet worden, die zur Tatzeit noch
Jugendliche waren. In Russland, so AI, seien insgesamt 900 Häftlinge zum Tode verurteilt:
Auf die Einlösung des Versprechens der russischen Regierung vom April 1998, die
Todesstrafe abzuschaffen, warte man heute noch.
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