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Nelson Mandela — ein kurzes Porträt

Nelson Mandela Nelson Rolihlahla Mandela erblickte am 18. Juli 1918 in einem Dorf in der Nähe von Umtata, Transkei, das Licht der Welt. Er wurde hineingeboren in die königliche Familie des Tembu-Stammes. Sein Vater, Henry Mandela, war als Unterhäuptling Mitglied des Transkei-Rates und Vorsitzender der Ratsversammlung des Obersten Häuptlings der Tembu. Nach dem Tod seines Vaters kam er in die Obhut des Häuptlings der Tembu, seines Onkels, der ihn eigentlich für die Häuptlingsnachfolge bestimmt hatte. Doch beeindruckt von den Stammesgerichtsverhandlungen, wuchs in ihm der Wunsch, Rechtsanwalt zu werden. Die Erzählungen der älteren Stammesmitglieder über die Kriege, in denen sie ihr Vaterland verteidigt haben, ließen ihn davon träumen, seinen eigenen Beitrag zum Freiheitskampf seines Volkes zu leisten.

Er besuchte das Clarkebury Training College und bereitete sich später an der methodistisch geleiteten Oberschule von Healdtown auf das Abitur vor. Kurz darauf kam Mandela an das Fort Hare College in Alice in der Östlichen Kapprovinz, wo er als studentischer Führer vom College verwiesen wurde, weil er einen Vorlesungsboykott organisiert hatte. So ging er 1940 nach Johannesburg, wo er das College mit Fernkursen beendete und das Studium der Rechtswissenschaften begann. 1944 trat er dem ANC bei.

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Zum Sammelbecken der Kritik an den überkommenen Formen und Inhalten der Politik der nationalen Bewegung wurde die Jugendliga des ANC unter Führung von Anton Lembede. Andere Mitglieder neben Nelson Mandela waren William Nkomo, Walter Sisulu, Oliver Tambo und Ashby Mda. Die Jugendliga steckte sich das Ziel, den ANC zu einer Massenbewegung zu machen, die Arbeiter, Bauern und Angestellte vertreten wollte.

Mandela beeindruckte seine Kameraden schon bald durch seine disziplinierte Arbeit und seine unermüdlichen Bemühungen und wurde 1947 zum Sekretär der Jugendliga gewählt. Durch gewissenhafte Arbeit, Kampagnen an der Basis und ihr Sprachrohr Inyaniso (Wahrheit) konnte die Jugendliga auch in den Führungsebenen des ANC für sich werben.

Angespornt durch den Sieg der Nationalen Partei im Jahre 1948, die auf der Grundlage der Apartheid den Sieg davontrug, wurde ein Aktionsprogramm, das sich für die Waffen des Boykotts, des Streiks, zivilen Ungehorsams und der Nicht-Kooperation aussprach und von der Jugendliga inspiriert war, als offizielles Programm des ANC angenommen.

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Dieses Aktionsprogramm war von David Bopape, Ashby Mda, Nelson Mandela, James Njongwe, Walter Sisulu und Oliver Tambo erarbeitet worden. Für die Implementierung wurden ältere Führungskräfte durch junge Männer ersetzt und Walter Sisulu übernahm die Funktion des Generalsekretärs. Der konservative Dr. A.B. Xuma verlor seine Präsidentschaft an den als militanter geltenden Dr. J.S. Moroka.

Das Programm der Jugendliga zielte vor allem auf den Erhalt der vollen Staatsbürgerschaft und die direkte parlamentarische Vertretung alles Südafrikaner ab. Besondere Aufmerksamkeit wurde dabei auf die Verteilung von Land, das Recht auf Gewerkschaften sowie auf Bildung und Kultur gelegt. Die Schulpflicht sollte für alle Kinder eingeführt werden, ebenso die Massenbildung für Erwachsene.

Ende 1951 beschloss der ANC den Fahrplan für die Kampagne zur Missachtung der Apartheidgesetze. Als offizieller Beginn wurde der 26. Juni 1952 festgesetzt. Für den 6. April 1952 rief der ANC zu Massenprotesten gegen die Feierlichkeiten zum 300. Jahrestag der Ankunft der ersten europäischen Siedler am Kap auf. Mandela reiste durch das ganze Land, um Widerstand zu organisieren. Für sein Mitwirken in der Kampagne wurde er vor Gericht gestellt und zu neun Monaten Gefängnis und Zwangsarbeit verurteilt. Er erhielt außerdem die Auflage, sechs Monate an keinen öffentlichen Veranstaltungen mehr teilnehmen zu dürfen, und seine Aufenthaltsgenehmigung wurde auf Johannesburg beschränkt.

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In dieser Zeit beendete er sein Studium und wurde als Rechtsanwalt zugelassen. Zusammen mit seinem Freund Oliver Tambo eröffnete er eine Kanzlei in Johannesburg. Aufgrund seiner Meriten in der Defiance Campaign wurde er zum Präsidenten der Jugendliga und des ANC in der Transvaal-Region ernannt und Ende 1952 zum stellvertretenden Präsidenten des ANC.

Über die Erfahrungen in der Kanzlei schrieb Oliver Tambo kurz vor seinem Tod im April 1993:

"To reach our desks each morning Nelson and I ran the gauntlet of patient queues of people overflowing from the chairs in the waiting room into the corridors (...). To be landless (in South Africa) can be a crime, and weekly we interviewed the delegations of peasants who came to tell us how many generations their families had worked a little piece of land from which they were now being ejected (...). To live in the wrong area can be a crime (...). Our buff office files carried thousands of these stories and if, when we started our law partnership, we had not been rebels against apartheid, our experiences in our offices would have remedied the deficiency. We had risen to professional status in our community, but every case in court, every visit to the prisons to interview clients, reminded us of the humiliation and suffering burning into our people."

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Die Regierung versuchte, Mandelas Zulassung als Rechtsanwalt auf der Grundlage seiner Anklage anzufechten, doch der Oberste Gerichtshof entschied, dass Mandela lediglich seinen schwarzen Mitbürgern gedient hat und nichts getan hat, was dafür sprechen würde, ihm seine Lizenz als Rechtsanwalt zu entziehen.

Mandela konzentrierte seine politische Arbeit in dieser Zeit auf die Ausarbeitung eines Plans, der den ANC angesichts der Verschärfung der Kampfbedingungen organisatorisch festigen sollte. Der Plan wurde nach ihm "M-Plan" benannt. Während der frühen 50er Jahre spielte er eine große Rolle im Widerstand gegen die Bantu-Erziehung und bei der Popularisierung der Freedom Charter. In den späten 50er Jahren wandte er sich dem Kampf gegen die Ausbeutung von Arbeit, die Passgesetze und die Segregation "offener" Universitäten zu. Schon früh erkannte er, dass die Bantustan-Politik ein politischer Schwindel und wirtschaftlich absurd war. Ihm war frühzeitig klar, dass eine Zeit geprägt von Massenausweisungen, politischer Verfolgung und polizeilichem Terror kommen würde.

Während der ganzen 50er Jahre war Mandela Opfer verschiedener Formen von Unterdrückung. Er wurde verhaftet und eingesperrt. Nach dem Sharpeville-Massaker 1960 wurde der ANC verboten und Mandela, unter Anklage im Hochverratsprozess, in Haft gehalten. Mandela und etwa 150 andere wurden beschuldigt, im Auftrag des internationalen Kommunismus eine Verschwörung zum gewaltsamen Umsturz des südafrikanischen Staates geplant zu haben. Darauf stand die Todesstrafe. Der Hochverratsprozess brach 1961 zusammen, als Südafrika auf dem Weg zur Republik war und alle Angeklagten wurden gegen Kaution freigelassen.

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Da der ANC nun illegal war, musste im Untergrund gearbeitet werden. Im März 1961 trafen sich 1400 Delegierte unter Führung des ANC zur All-In African Conference. In einer fesselnden Rede forderte Mandela das Apartheidregime auf, eine nationale Versammlung einzuberufen, die alle Südafrikaner repräsentierte und eine neue Verfassung ausarbeiten sollte, die auf demokratischen Grundlagen beruhe. Bei Nichterfüllung, warnte er, würde die Mehrheit (die Schwarzen also) bei den Feierlichkeiten zur Republik mit einem Massenstreik aufwarten.

Mandela begab sich sofort in den Untergrund, um die Kampagne zu organisieren. Obwohl er weniger Menschen als erhofft mobilisieren konnte, erfuhr er doch beträchtliche Unterstützung im ganzen Land. Die Regierung antwortete mit der größten militärischen Mobilisation seit dem Krieg, und die Republik Südafrika wurde in einer Atmosphäre von Furcht und Angst geboren.

Mandela musste getrennt von seiner Familie leben, ständig umziehen, um nicht von den allgegenwärtigen Informanten und Spionen der Regierung entdeckt zu werden. Mal war er als Arbeiter verkleidet, mal als Chauffeur. Zu dieser Zeit gründete er zusammen mit anderen Führungspersönlichkeiten des ANC einen neuen, bewaffneten Flügel, den Umkhonto we Sizwe, der sich für den gewaltsamen Einsatz vorbereiten sollte. In einem späteren Prozess erklärte Mandela:

Nelson Mandela "At the beginning of June 1961, after long and anxious assessment of the South African situation, I and some colleagues came to the conclusion that as violence in this country was inevitable, it would be wrong and unrealistic for African leaders to continue preaching peace and non-violence at a time when the government met our peaceful demands with force.
It was only when all else had failed, when all channels of peaceful protest had been barred to us, that the decision was made to embark on violent forms of political struggle, and to form Umkhonto we Sizwe (...). The Government had left us no other choice."

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1961 wurde Umkhonto we Sizwe formiert. Mandela wurde Oberkommandierender. 1962 verließ Mandela verbotenerweise das Land und reiste einige Monate lang. In Äthiopien wandte er sich an die Pan African Freedom Movement of East and Central Africa und wurde auch in anderen Ländern wärmstens empfangen. Während dieser Reise schon, ahnend, dass es zu gewalttätigen Ausschreitungen kommen würde, arrangierte er Guerilla-Trainings für die Mitglieder des Umkhonto we Sizwe.

Kurz nach seiner Rückkehr nach Südafrika wurde Mandela verhaftet. Die Anklage lautete: Aufruf zu einem illegalen Streik und Ausreise aus Südafrika ohne gültigen Pass.

Sein Hauptanliegen in dem folgenden Verfahren bestand darin, zu beweisen, dass der Sache des afrikanischen Volkes der Prozess gemacht wird. Von Anfang an bestritt Mandela dem Gericht jegliche Legitimität, in seiner Angelegenheit ein Urteil zu fällen; er betrachte sich weder rechtlich noch moralisch gebunden, die Gesetze eines Parlaments zu befolgen, in dem er nicht vertreten sei. In einem politischen Prozess prallten die unterschiedlichen Interessen der Bevölkerungsgruppen aufeinander und die Gerichte könnten nicht unparteiisch und fair sein. Einleitend sagte Mandela:

"I detest racialism, because I regard it as a barbaric thing, whether it comes from a black man or a white man."

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Mandela wurde daraufhin zu fünf Jahren Gefängnisstrafe verurteilt. Während er diese Haftstrafe absaß, wurde er im Rivonia-Prozeß der Sabotage bezichtigt. Seine Aussagen vor Gericht während des Prozesses sind in die Geschichte des Widerstandes gegen die Apartheid eingegangen und waren eine Inspiration für all diejenigen, die sich der Apartheid entgegengestellt haben. Die gesamte Rede steht auf unseren Dokumentenseiten zur Verfügung. Seine Schlussworte lauteten:

"I have fought against white domination, and I have fought against black domination. I have cherished the ideal of a democratic and free society in which all persons live together in harmony and with equal opportunities. It is an ideal which I hope to live for and to achieve. But if needs be, it is an ideal for which I am prepared to die."

Mandela wurde zu lebenslanger Haft verurteilt und saß die erste Zeit seiner Strafe im berüchtigten Robben Island Gefängnis ab, einem Hochsicherheitstrakt auf einer kleinen Insel sieben Kilometer vor Kapstadt. Im April 1984 wurde er in das Pollsmoor Gefängnis in Kapstadt verlegt und im Dezember 1988 in das Victor Verster Gefängnis in der Nähe von Paarl, aus dem er schließlich entlassen wurde. Noch in Haft, lehnte er Angebote zum Erlass seiner Haftstrafe ab. Als Gegenleistung hatte man von ihm verlangt, die Bantustan-Politik anzuerkennen durch Anerkennung der Transkei sowie seine Zusage, dass er sich dort ansiedeln würde. Bei einem zweiten Angebot verlangte man von ihm als Gegenleistung, dass er den Gewaltverzicht erklären sollte. Seine Antwort war, dass Gefangene keine Verträge abschließen könnten. Nur freie Menschen könnten verhandeln.

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Am 11. Februar 1990 entlassen, stürzte sich Mandela sofort in die Arbeit, um die Ziele zu erreichen, die er sich vor vier Jahrzehnten gesetzt hatte. 1991, bei der ersten Jahreskonferenz des ANC nach dessen Genehmigung 1990, wurde er zum Präsidenten ernannt.

Nelson Mandela hat niemals in seinen Ansichten über die Demokratie und Gleichheit geschwankt. Trotz Provokation hat er Rassismus niemals mit Rassismus beantwortet. Sein Leben ist eine Inspiration für all diejenigen, in Südafrika und dem Rest der Welt, die unterdrückt und benachteiligt sind; all diejenigen, die Unterdrückung und Benachteiligung bekämpfen.

1993 bekam Nelson Mandela den Friedensnobelpreis überreicht und trat im Jahre 1994 als erster Präsident Südafrikas aus allgemeinen Wahlen hervor. 1999 zog er sich aus dem politischen Leben zurück und lebt nun in seinem Geburtsort in der Transkei.

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[Zusätzliche Materialien: Dokumente, u.a. die Rivonia-Rede Mandelas, Organisationen des Widerstands, Überwindung der Apartheid, Südafrika heute]

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