Brügge 2

 

Demokratie
Vertiefungsthema Brügge

Vertiefungsthema: Die Stadt im Mittelalter (II)

Das mittelalterliche Brügge

Brügge zählte zu den bedeutendsten Städten im Mittelalter. Das Vertiefungsthema stellt dieses wirtschaftliche und kulturelle Zentrum vor und fragt danach, wie es um die Demokratie in dieser mittelalterlichen Stadt bestellt war. Während im folgenden Text die wirtschaftlichen und kulturellen Aspekte im Vordergrund stehen, beschäftigt sich der Abschnitt Wie frei macht Stadtluft mit der politischen Dimension.

[Seitenanfang]

horizontal rule

Buchauszug

Brügge - ein Stadtspaziergang

Brügge: eine mittelalterliche Welthandelsmetropole

"Im Zeitalter Jan van Eycks (...) und Hans Memlings (...) ist Brügge unbestreitbar eine der schönsten Städte der Welt" [Hippolyte Fierens-Gevaert, 1901].

Der Große Markt als Mittelpunkt des alten Brügge ist Ausgangspunkt für einen Stadtgang, war doch hier der Anfang der Stadt. An der heutigen Wollestraat und der Oude Burg genannten Straße lag der "Oude Stehen", die erste flämische Vogtei, bei der bald ein Handelsplatz entstand. Die Grafenburg wurde im 9. Jahrhundert jenseits der Reie angelegt. Der Ort Bryggia (Anlegeplatz) wuchs um die Salvatorkirche seit dem 11. Jahrhundert, der Grafensitz zog Siedler und Handelsleute an. Die Reie floss durch die Stadt von Süden her im Bogen bis zum van-Eyck-Platz und weiter nordöstlich in den Zwyn genannten Meeresarm — gute Bedingung für das Handelszentrum. Von der Reie ausgehende Grachten — mit Wällen und Mauern Stadtbefestigung — dienten auch dem Transport.

Brügge Seit Ende des 12. Jahrhunderts betrieb eine selbständige Stadtverwaltung planmäßigen Ausbau und Vergrößerung der Stadt. Ein zweiter Grachtenring bezog als neuer Wasserweg umliegende Klöster mit ein. Im Laufe der Zeit bestimmten neben den Patriziern — Grundbesitzer und Handelsherren — die zu Gilden zusammengeschlossenen Handwerker die Stadtgeschichte.

Den Großen Markt beherrschen die Hallen: Lager- und Markthallen um einen rechteckigen Innenhof, im 13./14. Jahrhundert als Steinbauten errichtet. In äußeren Laubengängen gab es Läden und Verkaufsstände. Der 108 m hohe Belfried ist das Bauwerk selbstbewusster Bürger, Symbol für Reichtum, Machtanspruch und Freiheit des mittelalterlichen Brügge. Das gut gesicherte Archiv im zweiten Stock barg Stadturkunden und Freibriefe, Dokumente der Unabhängigkeit. Die Glocken des Turms riefen die Bürger zusammen, wenn vom Balkon über dem Eingang Gesetze und Verordnungen verkündet wurden.

[Seitenanfang]

Der Belfried ist auch das Wahrzeichen für das Zentrum des damaligen Welthandels neben Ypern und Venedig. Die Schiffe der Hanse und der italienischen Handelshäuser gingen in Brügge vor Anker. Es war der Umschlagplatz für die englische Wolle, die in Flandern zu Tuch verarbeitet und exportiert wurde, des Salz- und Pelzhandels, durch die Italiener auch des Gewürzhandels. Bis 1787 stand an der Ostseite des Marktes anstelle von Provinzverwaltung und Post die 'Waterhalle' über der Reie; hier wurden die Schiffe entladen, Waren gestapelt und gehandelt. Von den Patrizierhäusern am Marktplatz gab es einige schon im 16. Jahrhundert. In der Kranenburg wurde 1488 Erzherzog Maximilian von den rebellierenden Bürgern einige Tage gefangengehalten. Von hier aus sahen Bürger und Adelige den Turnieren und Spektakeln auf dem Marktplatz zu.

Im 15. Jahrhundert erreichte Brügge seinen größten Wohlstand; Philipp der Gute hatte im Prinsenhof seine Hofhaltung, glänzende Feste wurden gefeiert. Es fanden Ritterturniere statt und die Festlichkeiten während der Hochzeiten Philipps mit Isabella von Portugal (1430) und Karl des Kühnen mit Margarete, der Schwester des englischen Königs (1468). Über den Prinsenhof zogen jährlich am Himmelfahrtstag die großen Heilig-Blut-Prozessionen mit der kostbaren Reliquie, einem "Blutstropfen Christi".

Mit Wachstum und Organisation der Stadt bildeten sich — durch Straßen- und Grachtennamen noch kenntlich — einzelne Stadtviertel heraus: um Burg- und Marktplatz standen die prächtigen Häuser der Majores und der Zünfte, um St. Gillis und St. Salvator die einfachen der Handwerker. Nördlich des Großen Marktes war eines der wichtigsten Quartiere der Stadt mit Handelshäusern von vierunddreißig Nationen. Nahebei liegt an der Vlamingstraat der Kranplein. Hier gingen zu Schiff angereiste Besucher von Bord, hier wurden mit einem großen hölzernen Kran sperrige Güter entladen. Am heutigen van-Eyck-Plein mussten die Waren durch den Zoll. Das Zollhaus (1477) mit seinem Blendmaßwerk und der reich dekorierten Eingangshalle zeugt noch vom Wohlstand durch das Zollprivileg. Auch das benachbarte Zunfthaus der Lastträger, eines der schmalsten Häuser der Stadt, ist ein Schmuckstück. Schräg gegenüber steht das wiederaufgebaute Clubhaus der Poorters, wohlhabender Brügger Kaufleute, heute Staatsarchiv.

[Seitenanfang]

Nahe beim alten Woensdagsmarkt (Mittwochsmarkt) stand das Hansekontor, das Oosterlingenhuis (1442), das die Stadt den deutschen Kaufleuten gebaut hatte. Zwischen Vlamingstraat und St. Jakob hatten vor allem die Italiener ihre Handelshäuser. Man findet noch wenige Zeugen des damaligen Welthandels: die Faktorei der Genuesen an der Vlamingstraat, mit Verkaufsraum im Erdgeschoss und einem Festsaal hinter hohen Maßwerkfenstern (Ende 14. Jh.); schräg gegenüber das Handelshaus der Republik Florenz. Dieser Platz, an dem auch Venezianer und Katalanen ihre Kontore hatten, hieß schon auf einem Stadtplan des 16. Jahrhunderts 'Byrsa Brugensis' (Börse von Brügge). Vor dem Haus der Familie van der Beurze war der geschäftliche Treffpunkt der Kaufleute, die erste Börse. In Antwerpen, der Handelsnachfolgerin Brügges, gab es seit 1531 ein Börsengebäude (...).

[Text entnommen aus: Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg, Zeitschrift Deutschland und Europa, Ausgabe 1/1998 "Flandern"]

horizontal rule

Berühmte Künstler aus Brügge

Jan van Eyck

niederländischer Maler, geboren um 1390 in Maaseyck, begraben 1441 in Brügge (...).

[Detailansicht eines Ausschnitts des Genter Altars]

Eyck begründete mit seinem älteren Bruder Hubert die das Mittelalter überwindende neuere nordische Malerei. Das erste gesicherte Werk ist der von seinem Bruder begonnene und von ihm 1432 vollendete Genter Altar. Seine kunstgeschichtliche Bedeutung liegt in dem neuen Verhältnis zur Wirklichkeit: Erstmals werden durch genaue Beobachtung Bildnis, Akt, Stilleben und Landschaft wiedergegeben, zugleich aber noch alle übernommenen symbolischen Werte beibehalten. Der Entdeckung des kontinuierlichen, von Licht und Farbe gebildeten und von Körpern erfüllten Bildraums entspricht die Feinheit der Maltechnik mit der Übertragung der Ölharztechnik auf die Tafelmalerei; noch zu Lebzeiten wurde Jan van Eyck als Erfinder der Ölmalerei gerühmt.

[entnommen aus: Bertelsmann Discovery Lexikon 1997]

Hans Memling

deutsch-niederländischer Maler, geboren um 1433 in Seligenstadt bei Aschaffenburg, gestorben 1494 in Brügge; dort seit 1466 nachweisbar. Memlings Stil zeichnet sich aus durch würdevolle Schlichtheit und eine Innigkeit, die den Einfluss seiner rheinischen Heimat zeigt. Die besten seiner erhaltenen Bilder sind Porträts und Darstellungen der thronenden Madonna. Hauptwerk: Flügelaltar mit Jüngstem Gericht um 1470–1473, Danzig, Marienkirche.

[entnommen aus: Bertelsmann Discovery Lexikon 1997]

[Seitenanfang]

 

horizontal rule

News    II    Produkte    II    Unterrichtsmaterial

Themen: Web 2.0  I  Menschenrechte  I  Vorbilder  I  Update: Demokratie  I  Parteien  I  Europa  I  Globalisierung  I  Vereinte Nationen  I  Nachhaltigkeit

Methoden:    Politikdidaktik    II    Friedenspädagogik    II    Methoden
 

     


Dieses Onlineangebot zur politischen Bildung wurde von agora-wissen entwickelt, der Stuttgarter Gesellschaft für Wissensvermittlung über neue Medien und politische Bildung (GbR). Bei Fragen oder Anmerkungen wenden Sie sich bitte an uns. Trägerorganisation des Bildungsprogramms D@dalos ist der Verein Pharos Stuttgart/Sarajevo.